Veteranen-Freunde St. Leon e.V.

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Edmund Schmitt

Motorräder auf der Veterama Mannheim 2022

 Die Veterama in Mannheim ist zwar vorbei, aber die Erinnerung an diese großartige Ausstellung bei idealem Wetter wird wieder wach bei diesen Bildern, die ich für euch ausgelesen habe:

Fotogalerie

Dazu möchte ich kurz und der Reihe nach einige Anmerkungen machen, ohne mich allzu sehr in technischen Details zu verlieren.

Die Rene Gilette aus Paris ist nach der Restaurierung ein wahres Prachtstück geworden – unser Joachim wird daran seine besondere Freude haben.

Die Zündapp ist ein typischer Vertreter eines sog. “Bauernmotorrads” gewesen...soll heißen, diese Fahrzeuge kamen mit minimaler Pflege aus und waren dennoch zuverlässig und preiswert in der Unterhaltung. Die Bezeichnung war also nicht abwertend gemeint, ganz im Gegenteil. Ihre Besitzer hatten ganz andere Aufgaben zu bewältigen, als sich groß um eine regelmäßige Wartung zu kümmern und dennoch haben diese Fahrzeuge treu ihren Dienst verrichtet.

Das hier fotografierte Modell hat noch eine Tankschaltung, separaten Tacho und eine Trapezgabel und dürfte ein Vorkriegsmodell gewesen sein.

Im Hintergrund eine ebenso gut restaurierte 250-er BMW, über die ich in meinem letzten Mail ausführlicher geschrieben habe.

Die Horex Regina war ein Traum vieler Motorradfahrer. Dieser Langhuber hatte meist einen Hubraum von 350ccm, manchmal auch 250 oder 400ccm. Der Auspuffschlag, heute nennt sich das Sound, war wirklich beeindruckend. Es gab aber auch eine weniger schöne Seite an ihr – vollgasfest, damals in den 50-er Jahren war das noch ein Thema, war sie nur bedingt – sie neigte dann zu Kolbenklemmern und wehe dem Fahrer, der nicht auf der Hut war und nicht sofort den Kupplungshebel betätigte...!

Ein zweites Problem konnte es beim Starten geben – wir reden hier von einem Kickstarter und keinem elektrischem Anlasser – wer hier vergessen hatte die Zündung (noch per Handhebel einstellbar) auf “Spät” zu stellen, der war für ein paar Wochen gehbehindert, weil der Motor rückwärts lief und über den Kickstarter mit Macht zurückgeschlagen hat – ein Langhuber mit seinem höheren Drehmoment war hier besonders unbarmherzig.

Der Firmenname Horex ist zusammengesetzt: aus Bad Homburg, dem Firmenstandort und Rex, der Einmachgläserfabrik.

Manche von euch haben vielleicht noch so ein Glas zu Hause: in Kreuzform ist der Name REX waagrecht und senkrecht auf dem Deckel zu lesen, wobei das “E” in der Mitte gemeinsam steht.

Die blaue NSU könnte eine Super-Fox (125ccm) oder eine Maxi (175ccm) sein. Daß NSU eine innovative Firma gewesen ist, hat sie vielfach bewiesen – im Motorrad- und im PKW-Bau. Der Erfolg von Audi liegt im Wesentlichen auch in der Übernahme von NSU begründet. Super-Fox, Maxi und Max (250ccm), hatten nach meinem Wissen als einzige Nachkriegs-Motorräder aus deutscher Fertigung eine obenliegende Nockenwelle! Eine weitere Besonderheit war der Antrieb dieser Nockenwelle durch eine sogenannte Schubstangensteuerung, die besonders laufruhig ihren Dienst verrichtete. Mir ist sonst kein Motor mit dieser Lösung bekannt, vom PKW-Motor für den NSU Prinz mal abgesehen! Die geniale Idee dazu hatte der damalige Chefkonstrukteur Albert Roder, (1896 - 1970) der sich wohl auch vom Antrieb bei Lokomotiven der damaligen Zeit hat anregen lassen. Er war übrigens auch der geistige Vater des Erfolgsmodells NSU Fox. Mehr über seinen Erfindergeist und seine berufliche Laufbahn ist unter dem Link

http://www.meisterdinger.de/kon/roder/index.htm

zu finden - eine hochinteressante Lebensgeschichte! NSU war 1955 übrigens zum 2. Mal die weltweit größte Motorradfabrik !

Nürnberg war mal eine Hochburg des Motorradbaus, die hier abgebildete (deutsche) Triumph ist vermutlich eine 350-er Kongress mit M.A.G. Motor.

Ardie, Hercules, Victoria  und Zündapp kamen ebenfalls aus der “Motorradstadt” Nürnberg, die für die Fabrikation qualitativ hochwertiger Motorräder weithin bekannt war.

https://artsandculture.google.com/story/kQVxk6pjX0I2KA?hl=de

In dieser Bildersammlung sind teils seltene Motorräder aus der Frühzeit des Motorradbaus zu sehen...die meisten (oder alle ?) aus Nürnberg.

Und so sieht Motorradbau “heute” aus, aber das ist ja auch schon wieder an die 50 Jahre her! Die  blitzsauber restaurierte Suzuki GT500 mit dem 2-Zylinder Zweitaktmotor wurde in den 70-er Jahren gebaut und hatte 38 PS.

Wer kennt ihn nicht, den bärtigen Mann, selbst schon ein Veteran, der für geringes Geld seine Transportdienste für die gekauften schweren “Brocken” der Veteramabesucher vom Austellungsgelände bis zu ihrem geparkten Fahrzeug, anbietet. Schön, daß es noch solche “Konstanten” gibt, über die wir uns jedes Veterama-Jahr erneut freuen dürfen.

Die BMW R42 wurde von 1925 bis 1928 als Tourenmotorrad gebaut. Mit ihren 12 PS aus 500ccm und relativ leichten 127 kg schaffte sie damals 95 km/Std. – mehr als genug für die Straßen zu der Zeit.

Die 4-Zylinder Militaire ist eine absolute Rarität ! Den prestigeträchtigen 4 Zylindermotoren durfte man allerdings nie zu viel Leistung abverlangen, da hintereinander angeordnet nur der erste Zylinder ausreichend gekühlt wurde – das war aber bei allen anderen Motoren dieser Bauart genauso. Ich kann mir gut vorstellen, daß in der Bedienungsanleitung darauf hingewiesen wurde, daß Vollgasfahren nur im Winter oder bei Seitenwind möglich ist.

Aber Scherz beiseite – die ungewöhnliche Konstruktion ist ca. 1915 in USA auf den Markt gekommen und holte aus den zunächst 1200 ccm 11 PS heraus. 1917 schon ging die Firma in Konkurs.

Wer kennt unter den Oldtimerenthusiasten nicht die Marke Wanderer, die 1932 in die Auto-Union eingebracht und diese wiederum zum Vorläufer der Audi-Werke wurde. Wanderer in Chemnitz war durch seine Qualität damals das, was man heute als Mercedes unter den Fahrzeugen bezeichnet.

Die abgebildete Maschine vom Typ 2 1/2 PS mit 327 ccm von 1910, hatte noch Riemenantrieb und einen mit Karbidgas betriebenen Scheinwerfer. Es ist stark zu vermuten, daß hier noch ein Oberflächenvergaser zum Einsatz gekommen ist, hierbei ist der flüssige “Brennstoff” im Tank verdunstet und wurde mit Luftzumischung zum Motor geführt.

Ein so betriebener Motor konnte auch mit allen möglichen Spirituosen betrieben werden. Besonders gut lief damit der Motor auf holpriger Strecke, weil durch das Schütteln des Treibstoffes mehr Gas verdunstet ist.

Der Motor hatte ein gesteuertes Auslaßventil und vermutlich ein sog. “Schnüffelventil” als Einlaßventil – es öffnete sich durch den Unterdruck bei der Abwärtsbewegung des Kolbens automatisch.

Die Anordnung der Ventile ist hier als ioe-Steuerung (inlet over exhaust = Einlaß über Auslaß) ausgeführt, was auf die Lage der Ein- und Auslaß-Kanäle, bzw. -Ventile hinweist - man spricht auch von wechselgesteuerten Ventilen.

Auffallend ist das Fehlen einer Vorderradbremse. Nachdem im frühen Motorradbau auch Vorderradbremsen vorhanden waren und das Blockieren der Bremse aber schwere Unfälle verursacht hatte, hat man auf diese Bremsen dann erst mal eine Zeit lang ganz verzichtet – diese Entscheidungen sind um 1910 (+/-) gefallen und nicht nur bei Wanderer.

Als letztes Bild sei hier die Standard BS 500 (Ludwigsburg) in der Luxusausführung vorgestellt, die von 1928-33 gebaut wurde und es mit ihren 12 (oder 16?) PS  aus einem M.A.G.-Motor auf 120 km/Std. gebracht hat.

Ich bin gerade am Überlegen, ob das das gleiche Modell der grünen Standard von Fred ist?