Veteranen-Freunde St. Leon e.V.

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Die Veteranenfreunde im Venedig des Nordens

(25. - 28.09.2023)

 

  

 Grachtenfahrt

Früh ging's los. Es war noch recht dunkel, als unser Bus vom Harres-Parkplatz losfuhr. Ziel unseres Vereinsausflugs war dieses Mal nämlich Amsterdam, und auf den frühen Nachmittag war die Grachtenrundfahrt durch die niederländische Hauptstadt schon fest gebucht. Die Hinfahrt auf staufreier Autobahn klappte tadellos, und pünktlich bestiegen wir das Elektroboot, das uns auf idyllischen Kanälen durch eine der architektonisch schönsten Altstädte der Welt führte. Amsterdam hat mehr Kanäle als Venedig, und auf dem Grachtengürtel um die malerische Innenstadt, der zum Unesco-Welterbe gehört, kann man 100 Kilometer auf dem Wasser zurücklegen. Die Fahrt führte uns unter romantischen Brücken hindurch - 1281 gibt es insgesamt! - an den weltberühmten Patrizierhäusern vorbei, die im "Goldenen Zeitalter" des 17. Jahrhunderts, als die Hälfte des Welthandels über Amsterdam abgewickelt wurde, von reichen Kaufleuten und Amtsrägern entlang den Kanälen errichtet wurden.
 Nach diesem ersten Eindruck von der Stadt blieb uns noch Zeit für einen kleinen Bummel im Stadtzentrum, bevor uns der Bus wieder am Treffpunkt abholte und zum Einchecken in unser Hotel am Rande der Innenstadt brachte. Der einbrechende Abend blieb dann der Suche nach einem Restaurant vorbehalten, auf der sich unsere Truppe in verschiedene Richtungen aufsplittete. Ein großer Teil fand sich in einem recht urigen Lokal ein, wo man im Freien sitzen und kleinere Gerichte genießen konnte; bei dem ein oder anderen Heineken oder im Bierkelch servierten belgischen "Blonde" rundete sich der laue Sommerabend bald zu einem fröhlich-geselligen Zusammensein.
 Am nächsten Morgen stand nach reichhaltigem Frühstücksbüfett eine Stadtführung an. Mit dem Bus in die Innenstadt zu kommen, hat schon etwas Besonderes, käme man doch zu Fuß oder gar mit dem Fahrrad weitaus schneller ans Ziel. Einbahnstraßen, Ampeln, Umleitungen und gerade die Radfahrer machen die Fahrt zu einer zeitraubenden Angelegenheit: Fahrräder regieren die Stadt! Mehr als eine Million gibt es davon in Amsterdam samt 400 Kilometern für sie reservierte Wege. Radfahrer haben grundsätzlich Vorfahrt vor Autos und Fußgängern. Übrigens werden etwa 100.000 Fahrräder jährlich gestohlen, 25.000 verschwinden in den Grachten.

    

 "Tanzende" Häuser
 

Nachdem wir also mit ziemlicher Verspätung am Treffpunkt eingetroffen waren, wurden wir von unseren Stadtführern, zwei jungen Deutschen, in zwei Gruppen aufgeteilt, mit Informationen wie den obigen versorgt und durch den Stadtkern geführt:  Zentraler Platz ist der Dam, an dessen Stelle im 12. Jahrhundert die ersten Siedler den Damm an der Amstel gebaut hatten, der der Stadt den Namen gab. Dominierendes Bauwerk ist hier das ehemalige Rathaus, das Napoleons Bruder Louis in seiner Zeit als König von Holland zum Königlichen Palast umwidmete. Die aktuelle königliche Familie nutzt das riesige Bauwerk allerdings nur noch zu Repräsentationszwecken. Daneben steht die gotische Nieuwe Kerk aus dem 15. Jahrhundert, die heute als Kulturzentrum dient. Auch die Hochzeiten der Königsfamilie und die Königskrönungen finden hier statt. Das dritte bekannte Bauwerk auf dem Dam ist das Nationalmonument, das an die Opfer der Besetzung der Niederlande durch Nazideutschland erinnert. 
       

   Der Dam mit Nieuwe Kerk
 

 Unsere jungen Fremdenführer vermittelten uns weiter eine Menge Wissenswertes und Anekdotisches über die Stadt und ihre Geschichte: Da der Magistrat beispielsweise im 17. Jahrhundert nach einigen Großbränden den Bau von Holzhäusern verboten hatte, musste man aufgrund des feuchten Untergrunds die schweren Ziegelhäuser auf Holzpfählen errichten, so dass die Stadt heute auf rund fünf Millionen solcher Pfähle steht. Viele Häuser stehen heutzutage schief, da die Pfähle mit der Zeit verrotteten und der Untergrund zum Teil etwas absackte. Die "tanzenden Häuser", die sich in verschiedenen Winkeln neigen, sind heute ein beliebtes Fotomotiv. Die Steuer für ein Gebäude wurde in früheren Zeiten nach seiner Breite zur Gracht hin berechnet. Um dieselbe zu sparen, baute man also Häuser mit einer schmalen Vorderfront, die dafür aber relativ hoch waren und sich weit in die Tiefe erstreckten. Allerdings waren die Treppenhäuser dann zu schmal für sperrige Gegenstände. Aus diesem Grund haben viele der historischen Häuser einen leicht vorgeneigten Giebel mit einem vorstehenden Balken, so dass man schweres Mobiliar mit Hilfe eines Flaschenzugs hochhieven kann. Außergewöhnlich auch das kleinste Haus Europas, das nur zwei Meter breit und fünf Meter tief ist und mit einem Zimmer pro Etage auskommen muss. Nebenbei: Die Grachten Amsterdams werden von 50.000 Ulmen gesäumt, aber auch von mindestens ebenso vielen parkenden Autos. Wer an der Gracht parkt, sollte beim Aussteigen auf der Wasserseite besonders vorsichtig sein; wer nicht aufpasst, kann leicht im Wasser landen. Reservierte PKW-Stellplätze in der Innenstadt sind übrigens astronomisch teuer.

 Nach Ende der Stadtführung blieb Gelegenheit, die Stadterkundung auf eigene Faust fortzusetzen, bis unser terminierter Besuch des Rijksmuseums anstand. Das in einem beeindruckenden Gebäude aus dem 19. Jahrhundert untergebrachte Museum wäre allein schon einen Besuch Amsterdams wert. Über zwei Millionen Menschen jährlich besuchen seine umfangreichen Sammlungen von Kunstobjekten zur niederländischen und kolonialen Geschichte. Im Mittelpunkt des Interesses steht aber zweifellos die Gemäldegalerie niederländischer Meister mit weltberühmten Werken bespielsweise von Rembrandt, Vermeer oder van Gogh. Drei Stunden hatten wir Zeit, Rembrandts Nachtwache oder Vermeers Dienstmagd mit Milchkrug zu bestaunen. Mit der Zeit lässt bei der Überfülle der Exponate notgedrungen die Konzentrationsfähigkeit etwas nach, und so waren viele schließlich dankbar für eine kurze Stärkung im Museumscafé oder eine Rast im kleinen Museumsgarten.

 Der Rest des Tages blieb der individuellen Gestaltung vorbehalten. Etwa ein Drittel unserer Reisegruppe machte sich beispielsweise zu Fuß auf den Heimweg in der Hoffnung, unterwegs auf ein Speiselokal zu stoßen. Dass Amsterdam die höchste Konzentration an Museen pro Quadratmeter von allen Städten der Welt hat, ließ sich sofort erahnen, denn der Weg führte über den Museumplein, um den sich Rijksmuseum, das moderne Van-Gogh-Museum und das Stedelijk Museum gruppieren; in Sichtweite liegt zudem das Concertgebouw, das berühmte Konzerthaus Amsterdams. Schließlich erreichte man den Vondelpark, eine vor allem von Radfahrern und jungen Leuten bei Sport und Spiel belebte grüne Oase, die man abseits des Großstadttrubels im Licht der langsam sinkenden Sonne durchquerte. Nach langem Marsch traf man schließlich auf ein akzeptables Lokal; hier dann the same procedure as the day before: Holzbänke, Spätsommernacht, Bier, Geselligkeit etc.

 Am nächsten Tag erwartete uns ein weiterer Höhepunkt der Reise: das Louwman Automuseum in Den Haag, das uns Oldtimerfreunde restlos begeisterte. Eingebettet in ein parkähnliches Gelände präsentiert das Museum in gediegendem Ambiente eine einzigartige Sammlung von mehr als 275 außergewöhnlichen Schmuckstücken der Automobilgeschichte: Elvis Presleys Cadillac Fleetwood, Churchills Humber Pullman oder Kaiser Wilhelms II. Mercedes-Benz 500 sind nur einige der Highlights. Das ausgefallenste Auto der Sammlung ist der "Schwanenwagen", ein Rolls Royce Silver Ghost mit einer zu einem veritablen Schwan modellierten Kühlerhaube, mit dem 1910 ein reicher Engländer in Kalkutta den dortigen Maharadscha beeindrucken wollte. Die Ausstellung runden spezielle Sammlungen von Kunstwerken, Miniaturen, Plakaten, Trophäen und sogar Flugzeugen ab.

 

  

 
Nach dem Museumsbesuch Mittagspause am Prachtstrand von Scheveningen gleich um die Ecke: Zeit für einen kleinen Spaziergang an der Nordseeküste oder alternativ - auf der Suche nach dem ersehnten Matjesbrötchen - an den zahlreichen Strandbar
s e
ntlang. Der Nachmittag war sodann für die charmante und überschaubare Altstadt von Delft mit ihren historischen Gebäuden, Grachten, kleinen Geschäften und Cafés reserviert. Viele besuchten auch die beiden großen gotischen Kirchen: die Oude Kerk, deren schiefer Westturm ganze zwei Meter aus dem Lot geraten ist, und die Nieuwe Kerk, die Grabkirche des niederländischen Königshauses; u.a. sind hier die Königin Juliana und der Gatte der Königin Beatrix, Claus von Amsberg, beigesetzt. Den Chorraum beherrscht das Prunkgrab des Nationalhelden Wilhelm von Oranien, der 1584 in seiner Delfter Residenz ermordet wurde und heute noch als "Vater des Vaterlandes" verehrt wird. Weitaus bescheidener fällt die schlichte Grabplatte für Jan Vermeer, den berühmtesten Sohnes der Stadt, in der Oude Kerk aus.
 

Westturm der Oude Kerk in Delft
 

Das also war der letzte Tag vor Ort auf unserer Reise. Am nächsten Morgen besuchten wir noch eine Käserei und machten uns dann auf die Heimfahrt. Unser Vorsitzender Klaus fand dabei angemessene Lobes- und Dankesworte an unseren Busfahrer Thomas, der uns sicher an unsere Destinationen gebracht hatte, und vor allem an Helga, die die Reise perfekt geplant und organisiert hatte. Damit sprach er - der Beifall zeigte es - im Sinne aller Teilnehmer einer Reise, die so viel geboten hatte und reibungslos vonstatten gegangen war.

(Gemeindenachrichten St. Leon-Rot vom 13.10.2023)

   

 

Fotogalerien:

 

Amsterdam / Delft (Willi, 44)

 

Louwman-Museum (Willi 46)

 

  

Symbolisches Dankeschön an Helga: Im Namen aller Amsterdamfahrer überreichte ihr unser Vorsitzender Klaus beim letzten Stammtisch einen Präsentkorb.