Das Langenburger Stadttor
(Foto: Willi)
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Ein Tag im
Land der Burgen und Schlösser
(4. Juni 2023)
Hohenlohe gilt als
"Land der Burgen und Schlösser", steht doch verträumt in fast jeder
Gemeinde angeblich eine Burg oder ein Schloss. So fasste auch Edmund, als
er unseren Busausflug ins Hohenloher Land wie gewohnt akribisch plante,
zwei Schlösser und dazu noch ein Kloster als Zielpunkte ins Auge: Schloss
Langenburg, Schloss Weikersheim und Kloster Schöntal.
Bei herrlichem
Sommerwetter fuhr am 4. Juni pünktlich um halb zehn der fast vollbesetzte
Bus vom Harres-Parkplatz aus los. Kaum hatten wir auf der A 6 Heilbronn
hinter uns gelassen, passierten wir auch schon Ortschaften mit Burgen und
Schlössern en masse (Weinsberg, Öhringen, Neuenstein, Waldenburg), zu
denen unser Reiseführer jeweils erläuternde Worte zu sagen wusste. Nach
dem Verlassen der Autobahn erwartete uns beim Stopp an der Landstraße bei
Braunsbach ein atemberaubender Anblick: Aus der Froschperspektive gesehen
stieg die Kochertalbrücke vor uns empor, die höchste Brücke Deutschlands,
die auf einer Länge von über einem Kilometer den Talboden überspannt. Die
perfekte Symmetrie des gigantischen Betonbauwerks, dessen höchster Pfeiler
178 Meter in den Himmel ragt - höher als der Turm des Ulmer Münsters -
fügt sich fast filigran wirkend gerade im Kontrast harmonisch in die grüne
Hügelnatur auf beiden Seiten ein. Auf diesen Blick konnte man schon einmal
anstoßen! Edmund hatte nämlich für Wein und Brezel gesorgt, die den recht
unromantischen Rastort direkt an der Landstraße vergessen ließen.
Blick von der
Café-Terrasse ins Jagsttal (Foto: Willi)
Nach der Pause also
weiter Richtung Langenburg. Wenn der Wald sich öffnet, fällt der Blick auf
das hoch über dem Jagsttal malerisch auf einem Bergsporn thronende
prächtige Schloss, die Residenz der Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg. Für
uns Veteranenfreunde war aber nicht das Schloss das vorrangige Ziel,
sondern der ehemalige Marstall, in dem sich das Deutsche Automuseum
befindet. Das Motto der ständigen Ausstellung lautet „Menschen, Autos &
Geschichte“. Sie rückt Personen, zeitgeschichtliche Ereignisse und
Fahrzeuge, die im Zusammenhang mit diesen Menschen und Geschichten stehen,
in den Mittelpunkt. Historische Oldtimer, Classic Cars, Sportwagen und
sog. Hypercars lassen das Herz jedes Autonarren höher schlagen. Eine kurze
Stadtbesichtigung schloss sich an, die sich mehr oder weniger auf die
Hauptstraße mit ihren Fachwerkhäusern beschränkte und für viele auf der
Terrasse des Café Bauer endete.
Auf der Terrasse des Café Bauer (Foto: Evelyn)
Von hier aus bot sich
über Eisbecher und Kuchen hinweg ein traumhafter Blick ins wunderschöne
Jagsttal. Das Café Bauer ist übrigens im Besitz des Originalrezepts der
Langenburger "Wibele", eines feinen Dessertgebäcks, das der Hofkonditor
Wibel im 18. Jahrhundert erfand. Mit diesem Gebäck sah sich einstmals auch
Queen Elizabeth konfrontiert, als sie im Mai 1965 im Rahmen ihrer
Deutschlandreise ihre adligen Verwandten - in der männlichen Linie
ebenfalls Nachkommen Queen Victorias - in der Langenburger Residenz
besuchte. Und so steht sie heute noch als Pappfigur im Eingangsbereich des
Café Bauer... (Die legendäre Wibele-Verabschiedungsrede des damaligen
Bürgermeisters kann man sich in der SWR-Mediathek zu Gemüte führen,
lohnenswert!).
Jetzt erfolgte der
erste Schlag ins Kontor der Zeitplanung: Unser Bus erwies sich für die
Durchfahrt durchs Langenburger Stadttor als zu breit und zu hoch, so dass
nach Weikersheim ein beträchtlicher Umweg auf kurviger und enger
Landstraße genommen werden musste. Nach langer Fahrt an Dörzbach, Stuppach
(für die "Stuppacher Madonna" von Matthias Grünewald in der Pfarrkirche
blieb leider keine Zeit - an einem Tag geht halt nicht alles, dafür bietet
Hohenlohe zu viel) und Bad Mergentheim vorbei kamen wir etwas verspätet in
Weikersheim an. Und wie es fast zu erwarten war, wurde es mit dem
Mittagsmahl recht schwierig. Der schöne weitläufige Marktplatz bietet
Restaurationsbetriebe zur Genüge; aber das einzige Restaurant mit
durchgehend warmer Küche war personell hoffnungslos unterbesetzt, so dass
nur ein kleiner Kreis nach langer Wartezeit zu seinem Essen kam. Ein paar
von uns konnten immerhin in einer Pizzeria noch etwas Essbares auftreiben,
einige wenige mussten Kohldampf schieben. Immerhin - was sie an Essen
verloren, gewannen sie an Zeit, so dass sie wenigstens in Ruhe den schönen
Barockgarten des Schlosses besichtigen konnten. Eine Alternative bot
gleich nebenan der schattige Stadtgarten und der schöne Fußweg an der
Schlossgartenmauer entlang, der am großen schmiedeeisernen Tor auf der
Rückseite einen Einblick auf die Gesamtanlage des Schlosses gewährt und
darüber hinaus geradewegs zum Parkplatz unseres Busses führte.
Weikersheim:
Schloss und Schlossgarten (Foto: Evelyn)
Unser bereits
gedehnter Zeitplan war jetzt endgültig gesprengt. Es kam, wie es kommen
musste: Das Café in der ehemaligen Klostermühle von Kloster Schöntal,
unserer nächsten Station, schloss genau in dem Augenblick, als wir
ankamen.
Natürlich aber nahmen
wir uns die Zeit, die weitläufige Anlage des Zisterzienser-Klosters zu
besichtigen, wenn es auch der eine oder andere mit leerem Magen tun
musste. Schließlich gehörte die Askese ja zu den Idealen der
Zisterzienser. Schöntal allerdings strahlt alles andere als Verzicht und
Bescheidenheit aus. Wer z. B. Maulbronn kennt, kann sich kaum vorstellen,
dass es sich in Schöntal ebenfalls um eine Zisterzienserabtei handelt. Der
Unterschied wird schon im äußeren Erscheinungsbild augenscheinlich. Einem
relativ bescheidenen Dachreitertürmchen auf der Vierung der Maulbronner
Klosterkirche stehen in Schöntal imposante Doppeltürme gegenüber, die eine
mächtige Kirchenfassade flankieren.
Kloster Schöntal
(Foto: Willi)
Unter Abt Knittel
erlebte in der Wende vom 17. auf das 18. Jahrhundert das Kloster eine
wirtschaftliche Blüte, die man auch in der Architektur zum Ausdruck
bringen wollte. Diesen Repräsentationswillen der Äbte verkörpert das
prächtige Treppenhaus der Abtei im Rokokostil ebenso wie die nach Plänen
von Johann Leonhard Dientzenhofer erbaute barocke Klosterkirche mit ihrer
prachtvollen Ausgestaltung: Kuppelfresko, Skulpturen und barocker
Hochaltar entsprechen bei weitem nicht mehr dem zisterziensischen Gebot
der Schlichtheit.
Auch wir hatten es
jetzt nicht mehr so mit Askese. Nach all der Kultur hungerte und dürstete
es gar manchen. Der profane Biergarten neben dem sakralen Gelände aber war
hoffnungslos überfüllt. Was tun? Edmund hatte auch hier einen
Alternativplan in petto: Wir bestiegen wieder den Bus und fuhren gen
Jagsthausen, wo Edmund in unmittelbarer Nachbarschaft zur Götzenburg einen
großen Biergarten wusste. Und tatsächlich: Hier fanden wir zu guter Letzt
in historischem Ambiente unter Sonnenschirmen Platz und Labung an fester
und flüssiger Nahrung. Ein wahrlich schöner und stimmungsvoller Ausklang
unserer Tour.
Auf der Rückfahrt
fand Edmund gleichsam entschuldigende Worte, es habe mit dem Zeitplan
nicht ganz so perfekt hingehauen usw. Aber erstens war das nicht seine
Schuld, und zweitens war es ja auch gar nicht schlimm. Auf diese Weise
hatten wir eben eine Stunde mehr von unserem Ausflug; es war auch so eine
perfekte Fahrt an einem bilderbuchmäßigen Sommertag. Die Stimmung war
entsprechend gelöst, als wir Richtung Heimat in den Sonnenuntergang
fuhren ... Edmund, Dank dafür! Kurz nach neun - es war
noch hell - waren wir wieder zu Hause.
Abschluss im Biergarten von Jagsthausen (Foto: Edmund)
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